STORYKING RYU's Story

Azure blinzelte überrascht als jemand neben ihr einstieg. "Was tust du?" fragte sie, drückte einen Knopf am Fahrstuhl und hielt den "Tür schließen"-Knopf gedrückt, sodass der Fahrstuhl ohne Zwischenstop nach unten fahren würde. Mit der freien Hand fuhr sie sich etwas verlegen durch die hellen Haare und hob dann den Blick zu Ryu. "Er ist... so..." Schnell schüttelte sie den Kopf um den Gedanken loszuwerden. "Nur raus hier."

Ryu wendete den Blick von Azure an und schaute auf die Tür, durch den Schlitz konnte er ab und zu einen Lichtstreifen sehen. ,,Ich komme mit dir.", antwortete er auf ihre Frage. ,,Du haust ab - ich will auch hier raus. Und wenn du mir den Weg frei machst, hab ich keine Schwierigkeiten mehr." Er lehnte sich gegen die Fahrstuhlwand und verschränkte die Arme, während er wartete, dass sie ankamen.

Azure zog eine Augenbraue hoch und hielt den Knopf weiterhin gedrückt, bis der Fahrstuhl mit einem quietschenden Geräusch zum Stillstand kam. Schnell warf sie Ryu einen Blick zu, bevor sie nach draussen sah und sich umsah. Hier und da standen ein paar Aufseher, die sie im ersten Moment jedoch nicht bemerkten. Ohne zunächst auf den Weißhaarigen zu achten drückte Azure sich an die Fahrstuhlwand und starrte zur Tür, die ebenfalls elektronisch gesichert war, jedoch mit einem komplexeren System und Gesichtserkennung. "Ich brauche Zeit..." murmelte sie "Verschaff mir Zeit!" Sie wartete nicht, dass er zustimmte, und stürmte nach draussen auf die Tür zu. Schnell tippte sie ein paar Codes ein und konzentrierte sich, dann schlug sie die Verdeckung ab und sah sich die Kabel an. Sie vertraute voll und ganz darauf, dass Ryu die Aufseher von ihr fernhielt.

Ryu verkniff sich ein Seufzten und löste sich von der Wand. Er trat aus dem Fahrstuhl, auf die Aufseher zu und hielt sich drei Finger an die Schläfe. Die Aufseher drehten sich zu ihm um und Ryu schloss die Augen. ,,Ich sehe... Wartet! Ich sehe... Gefahr..." Verwirrt blickten sich die Aufseher an. ,,Große Gefahr! Ihr solltet von hier verschwinden!" Als verschwommene Bilder drohten, vor Ryu's geistigem Auge aufzutauchen, öffnete er die Augen und fixierte die Aufseher. ,,Los!"

Azure räusperte sich und kniete sich vor die Tür, dann began sie, die Kabel zu lösen und erneut in Gedanken in das System einzudringen. Sie sah die Stromleitungen und die negativ und positiv geladenen Teilchen, die zu dem Sensor flossen und Reaktionen verlinkten. Schnell schickte sie ein paar Signale ab, sodass der Sensor verwirrt nachgab und die Tür öffnete. "Ich habs!" rief sie, warf den Kopf nach hinten und fixierte Ryu. Sie stand auf, schob die Tür auf und lief nach draussen.

Ryu beugte sich noch mal zu den Aufsehern und flüsterte: ,,Flieht!" Dann grinste er und rannte hinter Azure nach durch die Tür. Den Aufsehern schenkte er keinerlei Beachtung mehr.

Azure schob die Tür von aussen wieder zu und verschloss sie, indem sie wieder ein paar Signale absendete. "So... Das müsste sie aufhalten..." murmelte sie, bevor sie um die Ecke bog und in eine dunkle Gasse einbog, wo sie sich auf den Boden sinken ließ, den Kopf nach hinten fallen ließ und die strahlend blauen Augen schloss. "Ob er geht? Klar, wieso sollte er hier bleiben? Jetzt ist er ja frei."

Ryu kam schlitternd ein paar Schritte neben Azure zum stehen, immer noch mit einem Grinsen auf den Lippen. Er sah sich in der Gasse um, dann sah er zu Azure. ,,Und hier willst du bleiben, oder was?", fragte er sie spaßig. ,,Und ich dachte, du wolltest mit deinem Leben etwas besseres anfangen..."

Azure seufzte. "Ich will... Ich brauch erstmal ein bisschen Ruhe..." antwortete sie und sah auf. "Und du? Wohin gehst du jetzt?" fragte sie und blinzelte. Seine roten Augen bildeten einen starken Kontrast zu ihren blauen, irgendwie witzig, angesichts der Tatsache, dass beide das selbe Ziel hatten. "Also in 5 Jahren lebe ich noch... Bin ich alleine?"

Das Grinsen auf Ryu's Gesicht verschwand und er sah auf den Boden. Er schloss die Augen und lehnte sich gegen die Wand, tat so, als würde er überlegen. ,,Weiß ich nicht.", log er. ,,Und wohin ich gehe... Timbuktu." Er grinste leicht, doch es war nur von kurzer Dauer.

Azure stieß sich von der Wand ab und sah Ryu an. "Schade eigendlich..." dachte sie etwas gekränkt und kickte einen kleinen Stein auf dem Boden weg. "Na dann..." Kurz lächelte sie, fast in Gedanken versunken. "Danke nochmal für alles. Vielleicht sieht man sich ja." Ohne ein weiteres Wort drehte sie sich um, trat mit dem Fuß unter eine Abdeckung und sprang mit einem Satz in das Loch im Boden, dass zu einem unterirdischen Tunnelsystem führte. Sie sah noch einmal nach oben, wo etwas Licht durch das Loch drang, dann trat sie einen Schritt zur Seite und ließ den Blick schweifen.

Ryu seufzte, als Azure durch das Loch im Boden verschwand. Er lugte über den Rand und schaute herunter, konnte aber nicht viel erkennen. Er sah geradeaus und lehnte sich wieder gegen die Wand. Er hatte ihr nicht gesagt, dass die Person, die er mit der zukünftigen Azure gesehen hatte, er selbst war. Deshalb hasse ich es, in die Zukunft zu sehen...

Azure wartete einen Moment, bis ihre Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, dann drehte sie sich um. "W..." Unwillkürlich trat sie einen Schritt zurück, als ein paar gelblicher Augen aus dem Schatten zurückschimmerten. Der oder das andere Wesen rührte sich nicht... Noch nicht. "G..." Ein Kacken schallte durch das Tunnelsystem, das Vieh brach aus dem Schatten hervor und Azure schrie auf. "Nein! Hau ab! Verpiss dich!" Sie wich zurück, als das Tier, das schwarze Schuppen und ein Wolfsähnliches Erscheinungsbild hatte, wenn auch wesendlich hässlicher, auf sie zu stürzte. Sie wurde umgeworfen, das Vieh drückte sie zu Boden und baute sich über ihr auf. Sie schlug nach ihm, traf ihm in die Flanke, auf den Brustkorb, doch das Wolfwesen schien es nicht zu kümmern. Ein schleppendes Atmen und die schrillen Schreie von Azure hallten durch die Tunnel.

Wie vom Blitz getroffen sprang Ryu auf und war in weniger als einer Sekunde zu Azure in den Tunnel gesprungen. Warum, wusste er nicht, er tat es einfach. Ryu stand nun genau neben dem Monster und er ging einen Schritt zurück. Nur nichts überstürzen..., dachte er und musste sich zurückhalten, nicht wie Azure in Panik zu verfallen. Was kann ich tun? Gar nichts! Ich hab keine Waffen, ich bin nutzlos! Eine Weile stand er da wie erstarrt, dann rief Ryu: ,,Hey, du Monstervieh! Hier bin ich!"

Azure trat nach dem Monster und drehte den Kopf zur Seite. Das Vieh stand direkt über ihr, übte einen gewaltigen Druck auf ihren Brustkorb aus, weshalb Azure nur schlecht Luft bekam. "Ryu..." keuchte sie "Hilf... mir!" Sie ballte die Hände zu Fäusten und biss die Zähne zusammen, dann funkelte sie das wolfähnliche Wesen an, dass sich bereits zu Ryu gedreht hatte.

,,Na los, komm doch!", rief Ryu erneut. ,,Oder bist du zu feige?" Er wusste, dass das Monster ihn nicht verstehen konnte, reizen konnte er es trotzdem. Ryu streckte ihm die Zunge raus. Das Vieh schnaubte und ging von Azure runter. Gut. Wenigstens etwas. Doch nun kam es direkt auf Ryu zu. ,,Oh-oh..." Ryu ging noch einen Schritt zurück, dann rannte er los durch die Tunnel, das Monstervieh dicht auf den Fersen. ,,Geh, Azure!"

Azure schnappte nach Luft, als die gewaltige Last von ihr hinunter ging. Sie richtete sich auf und konnte gerade noch erkennen, wie Ryu davonwetzte, das Vieh dicht hinter ihm. "Ryu! Pass auf!" rief sie und stand auf. Sie trat einen Schritt nach vorne, dann schüttelte sie den Kopf. "Wasser... Wasser! Ryu, ins Wasser!" Sie trat einen Schritt zurück, verzweifelt und etwas ängstlich.

Leise konnte Ryu Azue's Stimme vernehmen, wie sie nach Wasser rief. Das ist echt ein ungünstiger Augenblick, um an trinken zu denken!, dachte er verärgert, das Monster rannte ich immer noch n einem rasendem Tempo hinterher. Ryu schaute kurz nach hinten, in die gelben Augen und musterte den wolfähnlichen Körper. Wasser... ,,Wasser!" Ryu verstand. ,,Wo soll ich denn hier Wasser herbekommen?"

"Ehm... Keine Ahnung!" rief Azure und schuate kurz nachdenklich auf den Boden. "Nicht schlapp machen! Hier sind... Leitungen!" Sie hob den Blick an die Decke und folgte den Rohren, die sich windend an dem Stein entlangkräuselten. "Leitungen... Zahnräder..." An einer Wand angekommen sah Azure, was sie gesucht hatte: Ein Ventil und einen Zähler. Sie drückte das Venil, bezweckte jedoch nichts. Nach ein paar Momenten tippte sie auf den Zähler, der sofort ausschlug und das Tempo des rauschenden Wassers verlangsamte, wodurch das Ventil leichte rzu öffnen war. Schnell und rauschend sprudelte das Wasser hinaus.

,,Leitungen?", wiederholte Ryu. Offensichtlich hatte Azure Wasser gefunden. Und jetzt schnell zurück! Ruckatig blieb Ryu stehen und drehte sich um, raste nun auf das Monster zu. Es blieb jedoch nicht stehen, sondern rannte weiter. Ryu kniff die Augen zusammen und warf sich auf den Boden. Er hatte Glück, denn sein Plan ging auf. Das Monster raste über ihn hinweg und Ryu sprang auf, rannte in die andere Richtung davon, zurück zu Azure. Das Monster machte kehrt, deutlich langsamer als Ryu, und rannte ebenso in die entgegengesetzte Richtung zurück.

Azure drehte weiter an dem Ventil, dann griff sie nach Ryus Arm und zog ihn mit all ihrer Kraft zurück, weg von dem sprudelnden Wasser, da das Ventil im nächsten Moment förmlich explodierte und das Monster mit einer Welle wegspülte. Man könnte sehen, wie es sich auflöste, wie die Schuppen sich lösten und mit einem leisen Zischen verätzten, wie in einer scharfen Säure. Ohne zu überlegen warf Azure ihre Arme um Ryu und drückte ihren Kopf seitlich an seine Brust. "Danke!" flüsterte sie und schloss für einen Moment die Augen, bevor sie beide Augen aufriss und Ryu von sich wegstieß.

Für Ryu ging letzteres einfach viel zu schnell. Als Azure ihn umarmte, schossen ihm sofort die Zukunftsbilder wieder durch den Kopf. Sie beide, Händchen haltend zusammen auf der Wiese, glücklich. Als Azure der Gegenwart ihn von sich wegstieß, verschwammen die Bildeer wieder und Ryu taumelte. Das Wasser umspülte seine Beine, doch das kümmerte ihn nicht besonders. Azure.... ,,Das war... gar nichts.", antwortete er und sah auf den Boden, schaute den Wellen zu.

Azure schüttelte kurz den Kopf, bevor sie ebenfalls ins Wasser schaute un schließlich seufzte. "Er hat mir das Leben gerettet..." schoss ihr durch den Kopf und sie fuhr sich mit den Fingern kurz durch die unordentlichen Haare. "Ich... Ich gehe dann..." murmelte sie und drehte sich um. Etwas in ihr sagte, sie solle nicht gehen, solle bei Ryu bleiben, doch darauf konnte sie nicht hören, wenn sie ihren Plan durchziehen wollte:
Das Gemälde Sternennacht von Vincent van Gogh stehlen.
Auf dem Gemälde befand sich ein winziger, versteckter Code, den nur Leute wie sie lesen konnten. Mit diesem Code konnte man die gesamte Schule, das Internat aus dem sie und ryu geflüchtet sind, evakuieren und zudem war es auch noch viel Geld wert. Das Stück befand sich im Museum of Modern Art ganz in der Nähe. Mit einem Seufzen lief Azure ein paar Schritte. "Wenn er nur wüsste, dass ich eine Diebin bin... Das ich jedes Schloss knacke weiß er ja... Aber wozu ich es einsetze nicht..."

Ryu schwieg kurz. ,,Und wohin willst du gehen?", fragte er schließlich. Nicht, dass es ihn etwas angehen würde, dennoch machte er sich etwas sorgen um die Zukunft. Wenn sie ohne ihn gehen würde, könnte diese Zukunft vielleicht nicht wahr werden, doch wusste Ryu nicht, ob er diese Zukunft überhaupt wollte oder nicht.

Azure blieb stehen, drehte sich aber nicht um. "Weg... In die Stadt..." sagte sie und wartete einen Moment, bevor sie die Fingergelenke knacken ließ und auf den Boden schaute. "Ja..." Ihr Gesichtsausdruck verfinsterte sich unwillkürlich. "Bitte Ryu, folg mir nicht... Es würde dich nur enttäuschen..." Sie biss sich auf die Lippe und wollte sich nicht eingestehen, dass sie gerne an Ryus Seite wäre.